Press (only german articles) • Ein- und Ausatmen mit der Gitarre Der Gitarrist "Karl Ritter von Stockerau"

Als er noch mit Kurt Ostbahn und der Chefpartie auf der Bühne stand, hieß Karl Ritter noch "Prinz Karasek". Günter Brödl nannte ihn "den Dobromann". Heute "atmen" er und seine Gitarre allein auf seiner neuen CD, einem Meisterwerk der neuen Musik.
Karl Ritter zählt zu den vielseitigsten Musikern Österreichs. Der Gitarrist, der wegen seines Heimatortes gerne auch "Karl Ritter von Stockerau" genannt wird, ist vielen auf unterschiedliche Weise bekannt.

Die Jahre mit Kurt Ostbahn
Jahrelang war Karl Ritter Mitglied der Chefpartie. Eine Zeit, die für ihn wichtig war, denn der "Chef" ließ seinen Musikern immer viel Freiheiten. Da war immer Raum für Improvisationen. Und es war Raum für die vielen anderen Projekte, die Karl Ritter verfolgte und durchzog.

Jazz, Blues und Rock
Karl Ritter, der zunächst Geige lernte, lernen musste, wie er betonte, entdeckte als Teenager die Gitarre für sich. Ritter ist Autodidakt. Die Gitarre ist ihm Mittel, sich auszudrücken, seine Gedanken in eine Form zu gießen, eine musikalische Form natürlich. Ritters Musik ist immer spannend. Spürbar ist stets eine ungeheure Intensität. Oft sind Ritter die ungespielten Töne die wichtigsten. Schnörkel mag er keine. Die Gedanken purzeln pur aus ihm heraus, formen sich blitzschnell. Angesiedelt ist das im Idealpunkt zwischen Hirn und Bauch. Jazz, Blues, Rock - alles ist da.

Der "Dobromann"
Günter Brödl nannte Ritter einmal einen Grenzgänger und einen radikalen Erneuerer und Visionär. "Und schließlich", schreibt Brödl, "Karl Ritter ist der Dobromann, weil er seiner silbernen Blechbüchse Töne entlockt, die von geradezu übernatürlicher Schönheit sein können, aber auch von bestialischer Kraft."

"Seht und hört, das bin ich"
Ritter vereinigt alle guten Eigenschaften, die geniale Musiker auszeichnen: er ist ein Suchender, ein Ästhet, ohne es vielleicht sein zu wollen, er ist ein guter Zuhörer, der auf die Ideen anderer reagiert, wenn sie zusammen spielen. Und er ist bei seinen Solokonzerten einer, der gleichsam nackt sein Innerstes nach Außen kehrt, als würde er rufen: "Seht und hört, das bin ich."

Kein "Schablonenritter"
Der 1959 geborene Ritter ließ sich nie in eine Schablone pressen. Mit Melissa Coleman, Cello, und dem Akkordeonisten Otto Lechner zelebrierte er eindrucksvoll die Kunst der freien Improvisation. Mit Kurt Ostbahn alias Willi Resetarits ließ er es oftmals energetisch rocken. Solo zeigt er wiederum eine ungeheure Sensibilität. Aktuelle Projekte, etwa mit Franz Hautzinger, führen ihn heuer quer durch Europa und auch nach Afrika.

Mit der Gitarre "atmen"
"Atmen" - so heißt die neue CD Karl Ritters. Präsentiert wurde sie am 31. Mai im RadioKulturhaus. "Atmen" ist ein Meisterwerk der neuen Musik, ein Meisterwerk des Jazz, wenn auch diese CD nicht in eine Schablone passt. Selten noch hat man den Künstler so pur, so auf sich selbst reduziert, erlebt. u8232 Auf dieser CD hört man Klänge, die u. a. Spurenelemente des Blues enthalten. Hervorstechend ist aber eine neue akustische Klangwelt, die Ritter mit seiner Gitarre aufstößt. Man fühlt sich förmlich im Korpus seiner Gitarre gefangen, atmet frei ein und aus, ohne dass einem die Luft wegbleibt.

Herbert Uhlir (Juli 2004)