Press (only german articles) • Wie leiwand pudern

Seine Musik paart sich frivol mit Techno und Avantgarde: Kurt Ostbahns Gitarrist Karl Ritter auf skurrilen Solo-Pfaden

Erster Eindruck: der spinnt. Zweiter Eindruck: der spinnt noch mehr, aber verdammt gut. Seine Gitarre heult, flüstert, kreischt, spricht, schrammelt und schluchzt, paart sich frivol mit Samples und jeder Menge anderem Techno-Zeugs, grast Blues, Rock und Avantgarde ab, klingt erdig, dann wieder sphärisch, ist dominant wie das Riesenrad auf dem Wiener Prater. Karl Ritter, der Gitarrist von Kurt Ostbahn & Die Kombo, führt ein Doppelleben. Mit seinem Album "Stick To It" legt er nun eine Art "Best Of"-Sammlung vor, um auch diesseits der Alpen als Solist aktiv zu werden.
"Wenn's um die künstlerische Freiheit geht, wird der Ritter zum Kreuzritter: Man muß alles probieren dürfen, ohne gleich nach den Vermarktungsmöglichkeiten fragen zu müssen. Was nicht heißt, daß ich keine Freude an kommerziellem Erfolg hätte, das ist ja auch eine Anerkennung. Aber Kunst muß frei von solchen Gedanken sein."
Mit sechs Jahren hat der heute 40jährige Karl Ritter angefangen, Geige zu lernen, später stieg er auf Gitarre um. "Ich habe nie Lagerfeuer-Oldies nachgespielt. Mir war es viel wichtiger, zum Beispiel eine Stunde lang nur mit der E-Saite rumzuexperimentieren." Er komponiert schriftlich; selbst die wildesten Exkursionen sind Note für Note festgehalten.
Seine Auftritte sind eine Melange aus Technik, Bühnenkulisse, Optik, Theater und Musik. In Österreich kommen jedes Mal so an die 250 bis 300 Fans. Und die Ritter-Gemeinde wächst seit seinem 95er Album "Dobromann" ständig. "Stick To It" (Capriola/EFA 01741-2) ist soeben erschienen, am 26. gibt es eine Präsentation im Cafe Muffathalle.
"Als Musiker muß man besessen sein", sagt Ritter, "und trotzdem professionell. Ich weiß natürlich, daß meine Musik nicht leicht verdaulich ist. Doch wer sich drauf einläßt, bekommt dafür eine Unterhaltung der besten Art. Denn meine Musik ist wie leiwand pudern."

Arno Frank Eser (Juli 1999)